AMD und Geographische Atrophie

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) wird in eine «trockene», kaum behandelbare, und eine «feuchte», behandelbare Form unterteilt.

Bei der trockenen AMD lagern sich Stoffwechselprodukte der Photorezeptor-Zellen (Drusen) im Zentrum der Netzhaut (Makula) ab, die für das scharfe Sehen und das Lesen zuständig ist. Je nach Grösse und Lage dieser Drusen wirkt sich diese Erkrankung langfristig auf die Sehfähigkeit aus. Gleichzeitig nimmt über viele Jahre die Dichte und Regelmässigkeit der Pigmentzellen der Netzhaut ab, die die Energie für das Funktionieren der Sinneszellen liefern, wodurch es zu einer Verschlechterung des Kontrastsehens und einer vermehrten Blendempfindlichkeit kommt.

Die geographische Atrophie (GA) ist eine Spätform der trockenen AMD.

Hierbei verlieren Zellen im äusseren Netzhautbereich ihre Funktion. Sie degenerieren (sterben ab) und hinterlassen irgendwann eine leere, atrophe Zone, in der die Licht- und Bildverarbeitung nicht mehr stattfinden können. 

Ein solches Areal macht sich in Form eines so genannten Skotoms bermerkbar, eines blinden Flecks, meistens in der Mitte des zentralen Blickfeldes, oder in unmittelbarer Nähe davon. Mit der Ausdehnung des atrophen Bereiches nehmen der störende Fleck an Grösse zu und die Sehfunktion in dem korrespondierenden Bereich ab. Durch die entstehenden Defekte prallt das Licht ohne Abschwächung auf die Netzhaut, was anfangs in vermehrter Blendempfindlichkeit und Lichtempfindlichkeit resultiert. 

Unter der AMD versteht man eine mittlerweile recht gut erforschte Gruppe von Erkrankungen, aber die genaue Pathogenese, die Ursache, weshalb sich bei manchen Patienten eine GA entwickelt, bei anderen nicht, ist nach wie vor nicht bis ins letzte Detail geklärt. Es wird angenommen, dass diverse Faktoren die Entwicklung begünstigen. 

Als eine der wichtigsten und gleichsam unvermeidbaren Ursachen ist das voranschreitende Alter bekannt, zusätzlich werden Lebensstil-Faktoren und eine genetische Prädisposition diskutiert. 

Zu den allgemeinen Risikofaktoren gehören: 

  • Alter
  • Familiäre Vorbelastung
  • Rauchen/ehemaliger Nikotinkonsum
  • Bluthochdruck und Übergewicht
  • Herz- und Gefässerkrankungen, hohe Blutcholesterinwerte

Bis auf eine nur langfristig wirksame Vitamin-Substitution nach der sogenannten AREDS 2-Formel (Lutein 10 mg, Zeaxanthin 2 mg, Vitamin E 180 mg, Kupfer 2 mg, Zink 80 mg, Vit. C 500 mg und ungesättigte Fettsäuren) gibt es bisher keine anerkannte Therapie.  In den letzten Jahren wurden erste Therapie-Optionen für die Behandlung der trockenen AMD gefunden, eine Spritzentherapie für die fortgeschrittene geographische Atrophie, für die die Zulassung in der Schweiz und in Europa aufgrund eines ungünstigen Nutzen-Nebenwirkungsprofiles nicht erteilt wurde, und eine Lichttherapie, die mindestens theoretisch für alle fortgeschrittenen Formen der AMD anwendbar und recht sicher ist. 

SYFOVRE® (Pegcetacoplan, Apellis)
Spritzen gegen geographische Atrophie

Die FDA (Amerikanische Medikamentenbehörde) hat schon 2022 ein Medikament  zur Behandlung der geographischen Atrophie (GA), aber nicht anderer Formen der trockenen AMD unter dem Namen SYFOVRE® (Wirkstoff Pegcetacoplan) zugelassen. Dieses Produkt soll alle 6 bis 8 Wochen bei allen Patienten mit GA gespritzt werden. Damit verlangsamt es, über 2 Jahre eine Verschlechterung um bis zu 18%, was bei den Fixierpunkt bedrohenden Läsionen eine relevante Verlängerung des brauchbaren Visus bedeutet. Grundsätzlich können alle Patienten mit GA damit behandelt werden, auch solche, bei denen die Fovea bereits betroffen ist. Ziel der Behandlung ist nicht die Verbesserung, sondern eine Verlangsamung der Verschlechterung der Sehfunktion. Als wichtigste Nebenwirkung ist das langfristig bis zu dreifacherhöhte Risiko des Übergangs in eine feuchte AMD zu sehen. Deshalb wurde eine Zulassung von Syfovre® für den europäischen und Schweizer Markt nicht erteilt. Eine Behandlung kann trotzdem grundsätzlich zu Selbstkosten durchgeführt werden, das Risiko-Nutzenverhältnis spricht jedoch derzeit nicht dafür. 

Funktionsweise am Auge 

Durch Injektionen des Medikamentes in das Augeninnere, anfangs monatlich, später alle zwei Monate, wird die Zunahme der GA verlangsamt und die Erkrankung vorübergehend stabilisiert. Mit einer feinen Nadel wird das Medikament, nach lokaler Betäubung und Desinfektion, unter sterilen Bedingungen, weitgehend schmerzlos in das Auge gespritzt. Die Behandlung dauert wenige Minuten, die Injektion selbst nur wenige Sekunden. 

Was ist wichtig zu wissen, womit müssen Sie rechnen?

 Aussicht

  • Die Zeit bis zu einer Verschlechterung des Sehens wird verlängert. 
  • Die Therapie stellt keine Heilungsoption für die GA dar.
  • Eine Verbesserung der Situation ist nach aktuellem Stand der Forschung nicht möglich. 

 Für wen ist die Therapie geeignet

  • Die Injektionen können einseitig oder beidseits erfolgen.
  • Es werden vorzugsweise Augen behandelt, deren GA noch NICHT den Fixierpunkt erreicht hat und die noch ein brauchbares Sehen haben, da eine Verbesserung nicht zu erwarten ist.
  • Eine gleichzeitige Injektionsbehandlung gegen die feuchte AMD kann im selben Auge nötig werden.

Therapiedauer

  • Die ersten drei Injektionen werden alle 4-6 Wochen verabreicht.
  • Danach erfolgen Injektionen etwa alle 2 Monate, solange noch eine brauchbare Lesefunktion vorhanden ist.
  • Bei guter Verträglichkeit kann die Therapie langfristig fortgesetzt werden. 

Kosten

  • Es gibt keine offiziellen Preise für den Import des Medikamentes in die Schweiz, es ist jedoch damit zu rechnen, dass sich die reinen Medikamentenkosten auf mindestens 1800 CHF pro Injektion belaufen werden. 

Häufigste Nebenwirkungen: 

  • Reizung der Augenoberfläche (10%)
  • Entwicklung einer feuchten AMD (über 2 Jahre 5-7%; Verdoppelung des Risikos im Vergleich zu unbehandelten Augen)
  • Glaskörpertrübungen
  • Oberflächliche Einblutung um die Einstichstelle (ungefährlich)

Seltene Nebenwirkungen (nicht mehr, als bei der konventionellen «Makulaspritze»): 

  • Intraokuläre Infektion (Endophthalmitis) mit Erblindungsrisiko (1 :10000)
  • Entzündungsreaktion auf die Injektion oder das Medikament (1:100)
  • Kurzfristige Augendruckentgleisung (zu hoch oder zu tief, etwa 2%)
  • Netzhautablösung (1:100)

Wenn Spritzen nicht in Frage kommen: Lichttherapie als Alternative?

Valeda Light Delivery System (LumiThera) – Photobiomodulation (PBM)

Wenn ein Auge keine oder eine nicht zentrale geographische Atrophie hat, aber Altersveränderungen wie Drusen und Pigmentunregelmässigkeit, qualifiziert es sich nicht für die Spritzentherapie. Bei grossen Drusen können sich AREDS 2-Präparate, positiv auf den langfristigen Verlauf auswirken. Neu gibt es aber auch die Möglichkeit einer Lichtbehandlung (Photobiomodulation).

Bei der Photobiomodulation (PBM) handelt es sich um eine nicht-invasive, weitestgehend risikofreie niederschwellige Lichttherapie, die bereits in vielen medizinischen Bereichen Anwendung findet, z.B. im Sport zur lokalen Förderung der Durchblutung und Verbesserung der körperlichen Leistung. Auf einem ähnlichen Effekt basiert auch die therapeutische Wirkung bei der fortgeschrittenen trockenen AMD. Es wird Licht im spektralen Bereich des nahen Infrarot-Lichtes (590-850nm) auf die erkrankten Bereiche der Makula projiziert und so die Stoffwechselleistung der durch die AMD beeinträchtigten Zellen stimuliert. Ein Behandlungszyklus umfasst 9 Sitzungen innerhalb 4 Wochen.

Was ist wichtig zu wissen, womit müssen Sie rechnen? 

Die Behandlung sollte zweimal pro Jahr erfolgen. Ein nachweisbarer therapeutischer Effekt, meist im Sinne einer Stabilisierung der Erkrankung, zeigt sich in der Regel erst bei langfristiger Anwendung über mindestens zwei Jahre.

Bei uns wird in der Regel nur ein Auge behandelt, meist das besser sehende, solange die wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit noch nicht abschliessend geklärt ist.

Aussicht

  • Auch diese Therapie kann eine Heilung für die trockene AMD oder GA nicht erreichen.
  • Das Ziel auch dieser Behandlung ist es, das Fortschreiten der Altersveränderung hinauszuzögern.

Für wen ist die Therapie geeignet

  • Männer und Frauen ≥ 50 Jahre mit fortgeschrittener trockener AMD mit reduzierter Sehschärfe mit oder ohne GA.
  • Wann sollte die Therapie nicht durchgeführt werden
  • Bei vorliegender oder kürzlich diagnostizierter feuchter AMD.
  • Bei im Zentrum vorliegender GA mit bereits vorhandenem Verlust der Sehschärfe.
  • Nicht erweiterbare Pupille (Narbe, Naht oder Verklebung).
  • Neurologische Erkrankungen (Migräne, Epilepsie).
  • Empfindlichkeit gegenüber intensiver Lichtexposition (Gelb-, Rot- oder Nahinfrarotlicht).

Therapiedauer

  • die Therapiesitzungen betragen pro Auge ca. 5-10 Minuten.
  • Erforderlich sind pro Behandlungszyklus neun Therapiesitzungen über 3-4 Wochen, ca. drei Sitzungen pro Woche.
  • Die Therapie muss nach heutigem Kenntnisstand alle 4-6 Monate wiederholt werden, um einen Therapie-Effekt zu erzielen. 

Kosten

  • Die Therapiekosten belaufen sich bei uns auf 400.- CHF (9 Sitzungen pro Halbjahr; Selbstkostenpreis) zulasten der Patienten und werden auch von den Zusatzversicherungen der Krankenkassen nicht übernommen.
  • Aktuell führen wir eine Studie zur Wirksamkeit der Lichttherapie im Praxisalltag durch. Wir sind Ihnen dankbar, wenn wir Ihre Daten in diese Studie einschliessen dürfen, um mehr über die Wirksamkeit dieser Therapie zu erfahren. Bei der weitergehenden Abklärung zur Behandlung wird Ihr behandelnder Arzt/Ihre behandelnde Ärztin Sie gern näher informieren.

Häufigste Nebenwirkungen: 

  • Nachbilder unmittelbar nach der Therapiesitzung
  • Blendgefühl

Seltene Nebenwirkungen: 

  • Möglicherweise ein minimal erhöhtes Risiko für den Übergang in eine feuchte AMD
  • Ansonsten sind bisher keine schwerwiegenden Nebenwirkungen bekannt.

ZUSAMMENFASSEND UND WICHTIG

Keine der  heute verfügbaren Therapieformen, weder die intravitreale Applikation des Medikamentes SYFOVRE, noch die Lichttherapie, können das Fortschreiten der AMD mit zunehmendem Alter oder das Risiko eines Übergangs der trockenen in die feuchte Form verhindern. 

Eine Sehverbesserung durch die Therapie ist NICHT zu erwarten. Ziel der Behandlung ist es, das Sehen vorübergehend zu stabilisieren und  eine Verschlechterung hinauszuzögern. Eine Verbesserung ist nicht zu erwarten.

WAS KÖNNEN SIE SELBST TUN?

Der Alterungsprozess an der Netzhautmitte ist nicht aufzuhalten, aber dieser kann, je nach Ausprägung auch durch Selbstinitiative möglicherweise verlangsamt und der Alltag mit der Erkrankung durch Bewältigungsmechanismen besser erträglich gemacht werden. 

  • Tragen Sie eine Sonnenbrille 
    Damit reduzieren Sie nicht nur schädigende Einflüsse des UV-Lichtes auf die Netzhaut, Sie erfahren auch eine Linderung der Blendungsempfindlichkeit. Lassen Sie sich durch einen spezialisierten Optiker beraten, mit welchen Brillengläsern, individuell auf Sie abgestimmt, eine Optimierung erreicht werden kann. 
  • Ernährungsanpassung
    Achten Sie auf eine ausgewogene, antioxidativ wirksame Ernährungsweise mit
    – grünem, saisonalen Gemüse,
    – natürlicher Vitaminsupplementation (frisches Obst und Gemüse),
    – wenig bis keinen tierischen Fetten.
  • Nahrungsergänzung nach AREDS/AREDS2 (Lutein, Zeaxanthin, Zink, ungesättigte Fettsäuren)
    Hierbei handelt es sich um eine Nahrungsergänzung (kein Medikament, deshalb wird es von den Krankenkassen nicht übernommen) mit antioxidativen Vitaminen und Spurenelementen, welche der Sehkraft bei trockener AMD zugutekommen können. AREDS2 ist auch für (ehemalige) Raucher geeignet. 
  • Alltagsbewältigungsstrategien
    Lassen Sie sich durch spezialisierte Fachgruppen und Beratungsstellen informieren, tauschen Sie sich mit Patienten in Selbsthilfegruppen aus, wie Sie die Hürden des Alltags überwinden und sich das Leben mit der AMD eine gute Lebensqualität erhalten können. Adressen der Informationsstellen (z.B. Beraten B) finden Sie im Anhang. 

Für weitere Fragen wenden Sie sich gerne an uns oder machen einen Termin zur Einschätzung Ihrer Situation uns Beratung über auf Sie zugeschnittene Behandlungsmöglichkeiten.