Makulaerkrankung

Unter Erkrankungen der Makula versteht man Krankheiten, welche die Netzhautmitte, und damit auch die Stelle des schärfsten Sehens betreffen.

  • Einleitung

    Erkrankungen der Makula können zu fortschreitenden Sehstörungen bis zum Verlust der Lesefähigkeit führen. Langfristig werden auch das Fernsehen, Autofahren, Handarbeiten, Erkennen von Gesichtern und die Erkennung von Dingen, die man fixieren möchte, schwieriger. Das äussere Gesichtsfeld ist aber selten betroffen. Somit besteht keine eigentliche Erblindungsgefahr. Zu den Erkrankungen in diesem Zusammenhang zählen die altersabhängige Makula-Degeneration, das Makulaödem bei Diabetes mellitus und nach Gefässverschlüssen an der Netzhaut (Thrombose), die spontane Bildung eines Loches in der Netzhaut-Mitte (Makulaforamen), die spontane Narbenbildung (epiretinale Gliose oder Fibroplasie), beide meist infolge einer eigentlich natürlich vorkommenden Glaskörper-Abhebung, und medikamententoxische Effekte.

  • Ursachen
    Hier das Bild einer gesunden jungen Netzhaut mit Sehnervenkopf (Papille), Netzhautmitte (Makula) und Gefässen (Arterien und Venen).

    Die häufigste und bekannteste Ursache für Veränderungen der Makula ist das Alter, mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Erkrankungen an der Makula deutlich an, insbesondere für die altersbedingte Makuladegeneration, die häufigste behandelbare Veränderung der Netzhautmitte. Andere Erkrankungen der Makula, die ebenfalls zu einer Abnahme der Sehkraft und zum Verzerrtsehen führen, sind vielfältig. Im Alter können sich Narben auf der Netzhaut oder Löcher im Bereich des Sehzentrums entwickeln. Zudem kann im Rahmen aller Gefässerkrankungen Flüssigkeit aus den Gefässen in das Gewebe gelangen und zu einer Schwellung der Netzhautmitte (Makulaödem) führen, zum Beispiel nach Verschlüssen der Netzhautgefässe oder bei Diabetes mellitus. Selten sind rheumato-logische oder sonstige Entzündungskrankheiten, vorangehende Augenoperationen, Medikamente oder Erbleiden der Grund einer Makulaerkrankung. Eine frühzeitige Diagnose erlaubt in vielen Fällen und je nach Befund eine medikamentöse Therapie oder Operation

    Erkrankungen, die eine Operation an der Makula erfordern

    Wenn eine mechanische Beeinträchtigung der Netzhautmitte hat an zu einer Einbusse an Sehschärfe und einer Störung des beidäugigen Sehens geführt hat, kann diese sich spontan wieder lösen. Wenn dies nicht der Fall ist oder bereits eine fortgeschrittene Sehstörung und Schädigung vorliegen, kann diese oft nur durch die Entfernung des Glaskörpers stabilisiert werden. Dabei ist das Hauptproblem:

    • eine Narbengewebsschicht (Membran) auf der Netzhautmitte mit Verziehung der Sinneszellen der Netzhaut
    • ein Loch in der Netzhautmitte (Makulaloch)
    • störende Glaskörpertrübungen, die die Sicht beeinträchtigen
    • eine Entzündung mit Schwellung der Netzhautmitte (Makulaödem)
  • Symptome
    Das Amsler-Netz gibt Aufschluss über das verzerrte Sehen des Patienten.

    Eine Makula-Erkrankung entwickelt sich meist langsam und schmerzlos, kann aber in einigen Fällen mit einer relativ raschen Sehverschlechterung einhergehen.

    Hinweise auf eine Makula-Erkrankung sind:

    • über Tage bis Wochen abnehmende Sehkraft meist nur an einem Auge, wie durch einen Schleier
    • unscharfes, verzerrtes Sehen (gerade Linien werden gewellt)
    • vermehrte Blendempfindlichkeit und Lichtwahrnehmung
    • normales Gesichtsfeld
    • Flecken (hell oder dunkel) im Zentrum des Sehens

    Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, da die Prognose und Therapierbarkeit in vielen Fällen davon abhängen.

  • Behandlung

    Die Therapiemöglichkeiten der Makula-Erkrankungen sind vielfältig:

    Je nach Ursache der Netzhautschwellung und Risiko weiterer Verschlechterung kann primär versucht werden, die Erkrankung mit Augentropfen zu behandeln. Meist sind die Erfolgsaussichten aber so schlecht, dass durch Einspritzen eines Medikamentes in den Glaskörperraum eine vorübergehende Abdichtung der undichten Gefässe und damit eine Abschwellung versucht oder eine Entzündung unterdrückt werden. Eine langfristige Lösung kann eine Lasertherapie zur Verödung der Gefässe und Verminderung des Sauerstoffbedarfs der Netzhaut sein. Diese darf aber nicht genau in der Mitte erfolgen, da sonst eine Narbe einen definitiven Sehverlust bewirken würde. Deshalb ist auch der Laser in der Grosszahl der Fälle keine Option, sodass immer wieder Medikamente in den Glaskörper eingegeben werden müssen.

    Bei einer Narbenbildung auf der Netzhaut oder einem Loch in der Netzhaut im Sehzentrum kann abhängig vom Befund oft eine operative Versorgung mit Narbenentfernung eine Stabilisation des Netzhautzentrums erreichen, langfristig in vielen Fällen sogar eine gewisse Sehverbesserung.

    Sind allgemeinen Grunderkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, rheumatische und infektiöse Erkrankungen für ein Maklaödem verantwortlich, müssen diese behandelt werden, und vielfach ist ein gemeinsames Vorgehen mit dem Hausarzt als Koordinator sinnvoll.

    Der Erfolg für die Erholung der Sehschärfe lässt sich oft nicht vorhersagen. In den meisten Fällen können wir die Makula-Erkrankung bessern, die Grunderkrankung, die sie verursacht hat, häufig jedoch nicht beeinflussen. Deshalb können wir oft die Sehfunktion stabilisieren, aber nicht auf Dauer so weit verbessern, dass das Sehen wie vor der Erkrankung ist.

  • Allgemeine Probleme und Komplikationen

    Einleitend sei gesagt, dass alle Massnahmen und Eingriffe an der Makula sehr sicher und Komplikationen selten sind. Die meisten Probleme und Komplikationen sind darüber hinaus behandelbar und haben eine gute Prognose. Schwerwiegende Komplikationen mit möglicherweise bleibenden Schäden durch eine schwere Blutung oder Infektion sind glücklicherweise extrem selten (bei Injektionen ins Auge 1/3000, bei Netzhautoperationen 1/1000).
    Trotzdem wird eine Therapie nur dann empfohlen, wenn wir das Risiko einer Verschlechterung bzw. eines Verlustes der Sehfunktion ohne Operation als erheblich höher einschätzen als mit Operation.

    Injektionen ins Auge

    Eine länger anhaltende Schwellung der Netzhautmitte führt zu fortschreitenden Sehstörungen bis zum Verlust der Lesefähigkeit. Ziel der Spritzen-Behandlung in den Glaskörper ist es, einen weiteren Sehverlust zu verhindern.
    Durch das Einspritzen eines Medikamentes in den Glaskörperraum geht die Schwellung der Netzhautmitte zurück und die Sehfunktion kann sich erholen. Gleichzeitig sehen wir, wie die Netzhaut auf die Behandlung anspricht und von der Behandlung profitiert. Zur Behandlung Ihrer Grunderkrankung stehen grundsätzlich folgende Medikamente zur Verfügung:

    • Avastin®
    • Lucentis®
    • Eylea®
    • Beovu®
    • Ozurdex
    • Visudyne-Injektion und Laserbehandlung der Makula
    • Triamcinolon und Dexamethason

    Die ersten vier Medikamente sollen das Wachstum nicht erwünschter Blutgefässe an der Netzhaut infolge eines gestörten Netzhautstoffwechsels zurückdrängen. Denn aus den neu gebildeten Gefässen kommt es wegen einer schwächeren Gefässwand zum Flüssigkeitsaustritt zwischen die Sinneszellen der Netzhaut (Ödem) und damit zur Sehverschlechterung. Mit diesen Medikamenten kann auch das Risiko für Blutungen an der Netzhautmitte gesenkt werden. Lucentis, Eylea, Beovu wurden primär für die Behandlung am Auge, Avastin für die Behandlung von Tumorerkrankungen entwickelt. Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass es auch eine sehr günstige Wirkung auf Gefässneubildungen am Auge ausübt. Die Therapie hat allerdings bisher in der Schweiz noch keine Zulassung erhalten („Off-label“-Therapie). Das fünfte und sechste Medikament, im Auge lange wirkende Cortisonpräparate, behandeln die Entzündungsreaktion des Gewebes als Ursache und Folge der Schwellung der Netzhaut. Auch dadurch kann sich das Ödem zurückbilden.

    Der Eingriff dauert wenige Minuten und wird ambulant durchgeführt. Vor dem Eingriff wird das Auge mit Tropfen unempfindlich gemacht, die Haut desinfiziert und das Auge steril abgedeckt. Dann wird das Medikament mit einer sehr dünnen Nadel in den Glaskörperraum gespritzt. Das Sehen wird dadurch nicht wesentlich beeinflusst, allerdings können vorübergehend Punkte oder Schatten zu sehen sein. Eine Kontrolle erfolgt meist nach etwa 4 Wochen, wenn wir den Behandlungserfolg feststellen und besprechen wollen, ob eine Wiederholung der Behandlung sinnvoll ist. Sollten vorher Schmerzen, eine zunehmende Sehstörung oder sonstige ungewöhnliche Veränderungen am Auge auftreten, ist es notwendig, sich sofort bei uns zu melden, da das nicht normal ist.

    Beovu®, welcher seit 2020 in der Schweiz und in der europäischen Union zugelassen ist, scheint mit einem wesentlich höheren Risiko für eine intraokulare Entzündung mit gegebenenfalls Entzündung der Blutgefässe der Netzhaut verbunden zu sein als die bereits länger verfügbaren Präparate. Aus diesem Grund, falls dieser Wirkstoff für Sie in Frage kommt, werden Sie spezifisch auf die möglichen Symptome durch den behandelnden Augenarzt aufmerksam gemacht.

    Probleme bei der Behandlung des Makulaödems

    Der Erfolg für die Erholung der Sehschärfe lässt sich nicht vorhersagen. In den meisten Fällen können wir das Makulaödem bessern, die Grunderkrankung, die es verursacht hat, jedoch nicht beeinflussen. Deshalb können wir oft die Sehfunktion stabilisieren, aber nicht wieder so weit verbessern, dass das Sehen so gut wie vor dem Auftreten der Erkrankung wird.

    Die Medikamente, die uns zur Verfügung stehen, haben alle nur eine beschränkte Wirkdauer, die in der Regel zwischen einem und drei Monaten liegt. Deshalb sind, wenn die Behandlung nützt, langfristig je nach Verlauf immer wieder Injektionen erforderlich. Nach ca. 3-4 monatlichen Medikamenten-Injektionen in den Glaskörperraum wird oft eine vorübergehende Stabilisierung erreicht, sodass dann längere Abstände zwischen den Injektionen oder sogar eine Pause von einigen Monaten bis zur nächsten Injektion möglich werden.

    Probleme und Komplikationen

    Bei Injektionen ins Auge kommt es nicht sehr selten zu harmlosen Bindehautblutungen. In seltenen Fällen kann eine Blutung in den Glaskörperraum auftreten und dies zu vorübergehender Beeinträchtigung des Sehens führen. Die Blutung löst sich in der Regel innerhalb weniger Tage bis zu 4 bis 6 Wochen auf. Einige Medikamente selbst können gelegentlich Schleiersehen hervorrufen, bis sie sich aufgelöst haben.

    Vorübergehend kann auch eine Erhöhung des Augeninnendruckes erfolgen. Deshalb sind Kontrollen des Augendruckes erforderlich. Ausserdem kann das Fortschreiten eines grauen Stars (Linsentrübung) begünstigt werden. Bei plötzlicher Kopfbewegung während der Injektion kann sehr selten einmal die Linse oder die Netzhaut geschädigt werden, so dass ein grauer Star, ein Verrutschen der Kunstlinse oder eine Netzhautablösung entstehen kann.

    Die schwerste, aber sehr seltene Komplikation ist eine Infektion des Augeninneren (Endophthalmitis), welche bis zum Verlust des Auges führen kann (Häufigkeit etwa 1 pro 10000 Injektionen). Nur eine sofortige Operation und Antibiotikagabe kann dann helfen, doch noch ein gutes Ergebnis zu erzielen. Typische Zeichen für eine Endophthalmitis sind das Auftreten von starken Druck-, nicht Fremdkörper-Schmerzen, Rötung und Sehverschlechterung 2 bis 6 Tage nach der Injektion. Beim Auftreten dieser Symptome sollten Sie uns unverzüglich kontaktieren oder Ihren Augenarzt aufsuchen.

    Operationen der Netzhautmitte

    Mit der Entfernung des Glaskörpers können wir alle mechanischen Faktoren und optisch störenden Trübungen von der Netzhaut wegnehmen. Eine Verbesserung der Sehfunktion kann aber nur dann erreicht werden, wenn die Struktur der Netzhaut noch nicht irreversibel geschädigt ist und sich langfristig erholen kann, indem die Sinneszellen sich wieder gerade aufrichten. Dies kann bis zu mehr als einem Jahr dauern. Ohne Behandlung ist eine Sehverbesserung in oft nicht zu erreichen, vielfach kommt es sogar zu einer weiteren Verschlechterung der Sehfunktion, wenn das Auge nicht operiert wird.

    Der Glaskörper, der seine Stützfunktion im Lauf des Lebens verloren hat, aber mitverantwortlich ist für die vorhandenen Sehstörungen, wird aus dem Auge entfernt und ersetzt. Der Ersatz ist meist eine Luft- oder Gasfüllung, die innerhalb vierzehn Tagen nach der Operation vom Körper aufgenommen und durch eine neu gebildete wässrige Glaskörperflüssigkeit ersetzt wird, die dann keine Probleme mehr verursacht.

    Operationen an der Netzhautmitte (Vitrektomie) sind sicher und zuverlässig in örtlicher Betäubung durchzuführen. Wenn die Betäubung nachlässt, treten in Abhängigkeit von der Dauer der Operation und den ausgeführten Massnahmen oft behandlungsbedürftige Schmerzen auf, ausserdem ist der Augendruck niedrig, sodass bei Anstrengung das Risiko von Nachblutungen erhöht ist. In den ersten zwei Tagen ist das Auge empfindlich und benötigt Ruhe, körperliche Anstrengungen sollten vermieden werden. Deshalb bevorzugen wir eine stationäre Behandlung. Mit einer Luft- oder Gasfüllung dürfen Sie für ca. 8 Tage nicht in Höhen über 700 m ü.M., was Sie für die Planung der Heimreise berücksichtigen sollten. Die Sehschärfe ist innerhalb der ersten vierzehn Tage nach der Operation auf die Wahrnehmung von Lichtschein und Bewegungen reduziert und erholt sich danach in der Regel rasch auf die Sehschärfe vor der Operation.

    Die bestmögliche Sehschärfe wird möglicherweise erst ein Jahr nach der Operation erreicht. Auch wenn wir auf eine Besserung der Sehschärfe hoffen, wird die Operation im Wesentlichen durchgeführt, um die Netzhautsituation zu stabilisieren und eine weitere Sehverschlechterung zu verhindern.

    Wenn vor der Netzhaut-Operation der graue Star noch nicht operiert wurde, ist damit zu rechnen, dass die Entfernung des Glaskörpers innerhalb 6 Monaten nach der Operation zur Entstehung oder dem Fortschreiten einer Linsentrübung (Grauer Star) führt. Wenn dieser optisch störend wird, kann er dann operiert werden.
    In den ersten Tagen nach der Operation können Schwankungen des Augendruckes auftreten, die behandelt werden müssen. Sollte es zu einer Nachblutung kommen, bedeutet dies eine verzögerte Erholung der Sehschärfe.

    Fast immer ist die Entfernung des Glaskörpers ohne grössere oder unabsehbare Probleme möglich, ohne die Stabilität der Netzhaut zu gefährden. Trotzdem entdeckt man am Ende der Operation gelegentlich Einrisse in der Netzhaut, die mit Kälte oder Laser behandelt werden, da sie sonst später eine Netzhautablösung verursachen könnten. Aber auch sekundär kommt es in ca. 3-5% der Fälle, typischerweise innerhalb 4 Wochen postoperativ, zu einem Einreissen der Netzhaut und einer Netzhautablösung, die rasch operiert werden muss. Wenn die Netzhaut nicht stabil genug ist, ist in seltenen Fällen der Ersatz des Glaskörpers durch Silikonöl erforderlich, um die Netzhautstabilität nach der Operation sicherzustellen. In diesem Fall ist eine spätere, weitere Operation zur Entfernung des Silikonöls erforderlich.
    Eine schwere Blutung, Infektion, Sehverschlechterung oder sogar ein weiterer Verlust an Sehkraft oder des Auges sind extrem selten (weniger als 1:1000), jedoch grundsätzlich möglich. Kommt es zu einer der genannten Komplikationen, ist meist eine erneute Operation erforderlich, um trotzdem ein möglichst gutes Ergebnis zu erreichen.

  • Abklärung

    Die Abklärung und Behandlung einer Makulaerkrankung erfolgt bei uns auf ärztliche Zuweisung, am besten durch Ihre Augenärztin oder Ihren Augenarzt, der mit uns zusammen auch die Nachbetreuung übernimmt. Nachdem ein Überweisungsschreiben bei uns vorliegt, bieten wir die Patienten für eine ambulante Untersuchung in unsere Sprechstunde auf.

  • a. Beurteilung von Sehfunktion und Vorhersagbarkeit des Behandlungserfolges
    Wir untersuchen als erstes mit dem Autorefraktometer die Brechkraft und den Augendruck.

    Hintergrund

    Die Makula bildet das Zentrum des Sehens. Sie ist nur bei Primaten und Menschen ausgebildet, weshalb nur diese eine ausreichend hohe Bildauflösung erreichen, um lesen zu können. Die für die hohe Leistung extrem hohen Anforderungen an den Stoffwechsel der Photorezeptoren sind heute grossenteils geklärt. Die Prozesse, die eine Verschlechterung im Alter oder bei degenerativen Erkrankungen wie Retinitis pigmentosa, epiretinaler Fibroplasie, diabetischer Makulopathie usw. verursachen, werden aber nur sehr vage grundsätzlich verstanden. Erste therapeutische Ansätze sind neuerdings mit intravitrealen Injektionen zur Abdichtung undichter Gefässe (anti-VEGF-Therapie, zum Beispiel Lucentis oder Avastin) möglich, eine Prophylaxe zur Vorbeugung dieser Erkrankungen gibt es jedoch nicht.

    Das grösste Problem in der Behandlung von Erkrankungen der Netzhautmitte ist jedoch die Einschätzung der zentralen Sehfunktion und des möglichen funktionellen Gewinns nach einer Intervention. Die üblicherweise zugrunde gelegte Sehschärfemessung erlaubt sehr genau und reproduzierbar die Messung der Sehschärfe an einem Punkt (Lesen eines Buchstabens), was für die Gebrauchsfähigkeit im Alltag jedoch wenig bedeutsam ist. Entsprechend sind immer wieder Patienten trotz einer sehr guten gemessenen Sehschärfe mit ihrer Sehfunktion nicht zufrieden oder brauchen trotz einer erstaunlich guten Sehschärfe relativ stark vergrössernde Sehhilfen (Lupen), um lesen zu können. Sie erkennen oft zwar einen einzelnen Buchstaben scharf, können aber ein ganzes Wort nicht lesen, weil sie grössere Lücken im Zentrum und ein sehr schlechtes Kontrastsehen haben. Das kann man sich vorstellen wie ein Puzzle, in dem die Hälfte der Steine fehlen. Auch wenn das Gehirn das Bild ergänzen kann, sind die Qualität der Information und die Geschwindigkeit der Bilderfassung damit sehr reduziert.

    Für die Bewertung der Makulafunktion wären deshalb zusätzliche Tests wie Lesegeschwindigkeit und die Ausmessung von Ausfallsflecken und -arealen im zentralen Sehfeld vermutlich sehr viel besser geeignet, die Leistungsfähigkeit zu beschreiben. Dies wurde bisher jedoch wegen des grossen damit verbundenen Aufwandes systematisch noch nicht untersucht. Möglicherweise erreicht man mit einer besseren Beurteilbarkeit der Sehfunktion jedoch auch eine erheblich bessere Vorhersagbarkeit des Behandlungserfolges zum Beispiel nach chirurgischen Interventionen. Deshalb arbeiten wir seit längerem an einer weitergehenden Analyse der Makulafunktion und deren prädiktiver Bedeutung für die Behandlung von Erkrankungen der Netzhautmitte.

  • b. Beurteilung von Sehfunktion und Vorhersagbarkeit des Behandlungserfolges
    OCT (optische Kohärenz-Tomographie): Untersuchung mittels Laserscanning-Technologie (Heidelberg Spectralis HRA).

    Aktuelle Situation und Grenzen der Behandlung

    Die Möglichkeit der Behandlung von Erkrankungen der Makula hat aufgrund technischer Verbesserungen und neuer medikamentöser Entwicklungen in den letzten 10 Jahren massiv zugenommen. Bisher fehlte wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten das Engagement, die von den Patienten geklagten Sehstörungen quantitativ zu erfassen. Mit den neuen Möglichkeiten der Behandlung ist nun das Problem entstanden, jedem Patienten eine für ihn geeignete Behandlung anzubieten und den funktionellen Nutzen der Therapie vorherzusagen. Deshalb werden Patienten mit Erkrankungen der Makula in aller Regel an spezialisierte Zentren wie die Berner Augenklinik überwiesen. Hier haben wir die Möglichkeit, mit hochauflösender Laserscanning-Technologie Untersuchungen der Morphologie der Netzhautmitte mit einer Auflösung von 3-5μm ohne Belastung für die Patienten anzufertigen und können damit häufig die geklagten Beschwerden morphologisch erklären.

    Damit können den Patienten oftmals ihrer Situation gerechte Lösungen angeboten werden. In aller Regel kommt es im Verlauf der Behandlung auch zu einer sehr guten morphologischen Erholung der Netzhautmitte. Entsprechend ist die Behandlung in einer Vielzahl der Fälle sehr befriedigend. In bis zu einem Drittel der Fälle bleibt trotz einer sehr erfreulichen morphologischen Situation der funktionelle Gewinn hinter den Erwartungen der Patienten zurück. Dies mag daran liegen, dass die Sehfunktion durch die Messung der Sehschärfe nicht ausreichend beschrieben ist und wir eine Besserung der Sehschärfe, aber nicht der Sehfunktion, speziell der Lesesehschärfe, erreichen. Andererseits fehlen uns bisher Möglichkeiten zur präoperativen Abschätzung des möglichen Funktionsgewinns nach einer Intervention.

    Deshalb haben wir versucht, die apparative Ausstattung darauf auszurichten, die funktionelle und morphologische Situation der Netzhautmitte möglichst gut beschreiben zu können, um in einem zweiten Schritt auszuwerten, ob man anhand bestimmter präoperativer Befunde den postoperativen Erfolg für das Sehen vorhersagen kann.

  • c. Beurteilung von Sehfunktion und Vorhersagbarkeit des Behandlungserfolges
    Mikroperimetrie-Analyse

    Apparative Methoden

    Die apparative Entwicklung hat – der Entwicklung der Therapie und damit den Bedürfnissen der Medizin folgend – in den letzten Jahren erhebliche Verbesserungen hervorgebracht. Unter den Möglichkeiten der morphologischen Untersuchung und Dokumentation steht die hochauflösende OCT-Analyse an erster Stelle. Erst seit einigen Jahren erlaubt die OCT-Technologie (Spectral Domain OCT) in Bezug auf die Auflösung der anatomischen Strukturen (<5μm) eine ausreichend differenzierte Beurteilung der anatomischen Situation, dass eine Korrelation von morphologischen und funktionellen Parametern sinnvoll und hilfreich wird. Die OCT-Untersuchung gilt inzwischen als die wichtigste Untersuchung zur Beurteilung der Netzhautmitte und zur Evaluation des Therapie-Erfolges bei Erkrankungen der Makula. Die Methode wird aber vor allem eingesetzt, um das Vorhandensein von Schäden oder einer Schwellung der Netzhautmitte (Makula-Ödem) und deren therapeutische Beeinflussbarkeit zu erfassen. Untersuchungen der fovealen Kontur (Stelle des schärfsten Sehens) und der Photorezeptordichte und deren Korrelation mit funktionellen Parametern oder der Abschätzung eines möglichen funktionellen Gewinns wurden bisher nur in Einzelfall-Beobachtungen berichtet. Die Qualität von Fundus-Fotographie und Angiographie hat dank des Einsatzes digitaler Verfahren eine ausreichend hohe Aussagekraft bereits seit längerem erreicht, dank der hohen Empfindlichkeit der Photodetektoren ist die Lichtbelastung für die Patienten jedoch deutlich geringer geworden, sodass diese Untersuchungen ohne grosse Beeinträchtigung für die Patienten realisiert werden können.

    Vor kurzem wurde unser diagnostisches Arsenal mit einer neuen Untersuchungsmethode ergänzt: die OCT-Angiographie (OCT-A). Die OCT-A ist eine Weiterentwicklung der OCT-Technologie, welche eine schnelle (<1 Minute) und nichtinvasive dreidimensionale Darstellung der gefässartigen Strukturen der Netzhaut und Aderhaut ermöglicht.

    Die funktionellen Untersuchungsmethoden für die Bestimmung von Sehschärfe, Lesesehschärfe und Lesegeschwindigkeit sowie zentralem Gesichtsfeld sind heute Computer-gesteuert und weitgehend standardisiert. Seit einigen Jahren gibt es zusätzlich die Mikroperimetrie, die eine recht reproduzierbare Beurteilung der Empfindlichkeit der zentralen Netzhaut und des Fixationsverhaltens erlaubt. Diese Methode generiert neue Messergebnisse, die bisher nur im Verlauf beurteilbar sind und noch nicht systematisch mit den vorhandenen etablierten Tests verglichen wurden, vermutlich aber in ihrer Aussagekraft deutlich über den etablierten Verfahren (Sehschärfe, Vergösserungsbedarf, Lesesehschärfe, Gesichtsfeld-Untersuchung) liegen. Bisher ist nur ein Gerät für die Mikroperimetrie-Analyse verfügbar und seit wenigen Jahren auf dem Markt. Dies wird derzeit an zahlreichen europäischen Zentren, unter anderem auch bei uns evaluiert, Vergleichsuntersuchungen mit anderen Funktionstests werden bisher aufgrund des hohen personellen Aufwandes nicht durchgeführt. Dies gilt insbesondere für das Fixationsverhalten (wie gut ein Patient einen Punkt fixieren kann) und die Erholung von Lichtstress bei Patienten mit Makula-Erkrankungen.

    Zusammenfassend kann man die Funktion und den möglichen Erfolg einer Behandlung von Erkrankungen der Makula recht gut vorhersagen, allerdings basieren die meisten Tests auf den subjektiven Angaben der Patienten und bedürfen einer grossen Konzentrationsfähigkeit, insbesondere bei deutlich reduzierter Sehschärfe, was ihre Reproduzierbarkeit und Aussagekraft limitiert.